Strahlungsgesetze
Warum ist der Eisbär weiß? Will er sich hauptsächlich tarnen und akzeptiert die Evolution deshalb den Verlust an Sonnenenergie, die ein schwarzes Fell zusätzlich aufnehmen würde? Nein, die Strahlungsaufnahme ist eben nicht alles. Jeder Körper, der wärmer als der absolute Nullpunkt ist, strahlt auch Energie ab und auch die Energieabstrahlung hängt von der Farbe des Körpers ab. Jeder gute Absorber (Empfänger) ist auch ein guter Emitter (Sender). Mit Fragen der Energieabstrahlung haben sich im 19. Jahrhundert viele Physiker beschäftigt. Natürlich ging es nicht um Eisbären, sondern eher um Lampen, Hochöfen oder Sterne. Dabei wurden Gesetze entdeckt, die einerseits von großer praktischer Bedeutung und andererseits von großer theoretischer Reichweite sind. Die Untersuchung der Strahlungsgesetze durch Max Planck gilt als Geburtsstunde der Quantenphysik.
Für den Eisbär ist das Stefan-Boltzman-Gesetz wichtig. Es besagt, dass die Energieabstrahlung eines Körpers gemessen als Strahlungsleistung P unabhängig von der inneren Beschaffenheit des Körpers ist und nur von seinem Oberflächeninhalt A, seiner Temperatur T in Kelvin, und seinem Absorptionsvermögen ε (sprich: epsilon) abhängt. Ein absolut schwarzer Körper hat ε = 1, ein ideal reflektierender hat ε = 0. Nach Stefan und Boltzman ist P = ε ⋅ σ ⋅ A ⋅ T4. Der Faktor σ ist eine Naturkonstante mit dem Wert σ = 5,67 ⋅ 10-8W m-2 K-4. Von seiner mühsam selbst erzeugten Körperwärme strahlt der Bär also umso weniger ab, je weißer er ist. Das gilt natürlich auch für einen Menschen, der bei typischen 2,5m2 Oberfläche an einem Frosttag in schwarzer Kleidung etwa 440W, in weißer (mit z.B. ε = 0,5) aber nur noch 220W abstrahlt. Um dennoch an die Sonnenenergie zu kommen, funktionieren die hohlen Fellhaare des Eisbären zusätzlich wie Lichtleiter.
Ebenfalls aus dem Alltag bekannt ist das Wiensche Verschiebungsgesetz. Eine vergessene Herdplatte glüht zunächst dunkelrot und wird mit steigender Temperatur immer gelber. Der Glühfaden einer gewöhnlichen Glühlampe erscheint gelb, der sehr viel heißere einer Halogenlampe weiß und die neueste Generation an Autoscheinwerfern blau. Die Frequenz fm, bei der ein Körper maximal strahlt ist zu seiner Temperatur T proportional: fm = 5,88 ⋅ 1010 ⋅ T. Man muss in der Praxis etwas vorsichtig sein: Die von uns wahrgenommene Farbe wird außer von der Temperatur des strahlenden Körpers auch von der Empfindlichkeit unserers Auges beeinflusst: Die Sonne und geschmolzenes Glas erscheinen uns fast in derselben Farbe obwohl die Sonne natürlich viel heißer ist.

Das Plancksche Strahlungsgesetz ist zunächst einmal eine sehr kompliziert aussehende Formel, mit der man berechnen kann, welche Frequenz von einem Körper mit welcher Intensität abgestrahlt wird. Die beiden weiter oben genannten Strahlungsgesetze folgen dann durch Differenzieren bzw. Integrieren aus dieser Formel. Bei der Herleitung seiner Formel dachte Planck sich den Raum – angelehnt an die Arbeiten über elektromagnetische Wellen von Heinrich Hertz – angefüllt mit linearen Oszillatoren (Gebilden, die in irgendeiner Art elektrisch schwingen können), die man sich wie kleine Antennen vorstellen könnte. Jeder Oszillator schwingt mit einer bestimmten Frequenz, bzw Schwingungsenergie. Zur Herleitung des Strahlungsgesetzes musste Planck sich vorstellen, dass es nicht beliebig viele Möglichkeiten gibt, die Schwingungsenergie in einem vorgegebenen Raum aufzuteilen. Dann müsste es möglicherweise unendlich viele Oszillatoren geben, was er für sinnlos hielt. Um mit endlich vielen Oszillatoren auszukommen, musste er eine kleinste Energieportion einführen, die wir heute mit dem Planckschen Wirkungsquantum h kennzeichnen. Weil diese Energieportion (eigentlich: Wirkungsportionen) aber so klein ist, merken wir von der Portionierung in unserer großen Welt nichts.
Ein Faksimile von Plancks Vortrag aus dem Jahr 1900 findet sich im Bereich Dateien. Mit etwas Geduld kann man wenigstens die wichtigsten Ideen aus diesem Text entnehmen. Was unter den gedachten Oszillatoren wirklich zu verstehen ist, klärte sich erst in den folgenden Jahrzehnten.
Aufgabe 1: Die Sonne hat ihr Strahlungsmaximum bei etwa λm = 880nm, also im Bereich der Wärmestrahlung. Berechne ihre Oberflächentemperatur. Flüssiger Stahl hat eine Temperatur von etwa 2000K. Bei welcher Frequenz und bei welcher Wellenlänge strahlt er maximal?
Aufgabe 2: Rechne die Angaben über die Energieabstrahlung eines Menschen nach. Die Rechnung berücksichtigt, dass der Mensch auch Strahlung empfängt, die aber bei 0°C also 273K abgestrahlt wird. In der Formel muss daher die absolute Temperatur T durch die Temperaturdifferenz zur Umgebung ersetzt werden.