Siebens Sachen

Was heißt schon alt?

Das Polarplanimeter



Ein weiteres mechanisches Gerät fasziniert mich seit langen: das Planimeter. Mit etwas Mühe hat man in der Schule gelernt, wie man einige "Flächeninhalte unter der Kurve" berechnen kann. Das und noch mehr soll ein vergleichbar einfaches mechanisches Gerät auch können? Zum Glück waren Planimeter - wie auch mechanische Rechenmaschinen - einmal alltägliche Helferlein und so konnte ich einige unterschiedliche Exemplare finden und mich ein wenig damit vertraut machen. Das "modernste" ist das Modell 3005 der Firma Reiss. Von seiner Bedeutung als mathematisches Instrument ganz abgesehen, ist es auch ein Teil deutscher Geschichte. Der Anleitung entnehme ich, dass es im VEB Kombinat Zentronik in 795 Bad Liebenwerda (Brandenburg) in der DDR gefertigt wurde. Genauer handelt es sich um eine Kompensations-Polarplanimeter. "Polar" steht hier für den festen Pol (links oben), um den sich das Gerät bewegt und die Kompensation von Messfehlern bezieht sich auf Messungen in unterschiedlichen Orientierungen (s.u.)

Planimter

Die Theorie der Planimeter ist gar nicht so einfach - die Anwendung schon eher, wenn man sich Mühe gibt, die Anleitung befolgt und etwas übt. Dazu habe ich zunächst drei Kreise mit unterschiedlichen Durchmessern gezeichnet und vermessen. Der Flächeninhalt des größten Kreises mit 50 Millimeter Radius beträgt - wenn ich ordentlich gezeichnet habe - 7850 Quadratmillimeter. Gemessen habe ich dann - ohne die in der Anleitung erwähnten Möglichkeiten ausgeschöpft zu haben - 7820 Quadratmillimeter.

Zur Flächenmessung stellt man am
Fahrarm (der mit der Lupe) den Maßstab der Zeichnung ein. Hier ist das 1:1, weil ich die Fläche in Originalgröße habe.. Laut Anleitung bedeutet dass, das die kleinste ablesbare Einheit - die Noniuseinheit - für 10 Quadratmillimeter steht Dann baut man das Gerät so auf, wie es das Bild zeigt, markiert einen Startpunkt und umfährt die Fläche im Uhrzeigersinn, wobei ein kleiner Kreis in der Lupe hilft. Dann wird abgelesen. Sowohl bei der Einstellung des Fahrarmes als auch beim Ablesen der Umdrehungen hilft jeweils ein Nonius. Vor dem Zeitalter der digitalen Messschieber war der ein vertrautes Hilfsmittel und hier sieht das so aus:

PlanimeterAblesen

In dem kleinen Fenster rechts sieht man, dass die 1 (eine volle Umdrehung des Messrades) noch nicht erreicht wurde. Die Ablesung beginnt deshalb mit 0. Weiter geht es im linken Fenster. Die linke Skala ist fest und dient als Nonius. Die Ablesung ist zwischen 7 und 8, also ist die zweite Stelle 7. Die Null des Nonius steht etwas über 7,8 also ist die dritte Stelle 8. Der zweite Strich des Nonius fällt mit der Linie bei 8 zusammen und deshalb ist die letzte Stelle 2. Ich habe also 0782 abgelesen, was 782 Noniuseinheiten und damit (s.o) 7820 Quadratmillimetern. Ich finde das schon beachtlkich.

Im Noniusfenster erkennt man übrigens rechts das wichtigste Teil des Planimeters, nämlich das
Messrad. An seinem Umfang befinden sich kaum sichtbare Rillen. Wird das Rad parallel zu den Rillen bewegt, dreht es sich nicht - es gleitet über das Papier. Wird es in Richtung des Umfanges bewegt, dreht es sich maximal. Die Rillen bewirken die Komponentenzerlegung der Bewegung des Messrades, auf der das Messprinzip beruht. Man sollte das Messrad möglichst nicht berühren.

Zur weiteren
Erhöhung der Messgenauigkeit gibt die Anleitung - außer Mehrfachmessungen - weitere Hinweise. Das Planimeter soll so aufgesetzt werden, dass es die zu messende Fläche in einem Kreisbogen gut überstreicht. Außerdem kann man zwei symmetrische Messungen durchführen, wie die Skizze zeigt. Fehler der einen Orientierung sollen durch die zweite Orientierung kompensiert werden.

SymmetrischeMessung